Werner Schwarz

Die Einlieferung in das Columbia-Haus erfolgte durch einen SS-Mann Gelle, der auch die Haussuchung und Verhaftung durchführte. Sofort nach der Einlieferung gab es gehörig Prügel. Wir erhielten Einzelhaft, Zur gleichen Zeit befanden sich John Scheer und die anderen Gen. Rudolf Schwarz, Eugen Schoenhaar und Erich Steinfurth in Haft. Ich erfuhr am nächsten Tage beim „Bärentanz“ (wie man den Sport nannte) vom Gen. Willy Kling, dass diese Genossen erschossen wurden.

Mein Vater wurde im Columbia-Haus und bei der Vernehmung in der Prinz-Albrecht-Strasse so mächtig geschlagen, dass er in das Polizeikrankenhaus eingeliefert werden musste. Als man merkte, er sei ein Todeskandidat wurde er Ende Februar 1934 wieder entlassen, er verstarb in der Emigration im November 1934. Die Trauerrede hielt damals Gen. Wilhelm Barth, heute noch Mitarbeiter des Zentralkomitees. Mein Bruder Hans und ich erhielten unsere Prügel täglich im Columbia-Haus. An Schlafen war nicht zu denken“ denn ständig patroullierten die SS-Wachmänner in den Korridoren vor den Häftlingszellen, schlossen die Türen auf, und wir mussten Meldung machen (Zellen- und Häftlingsnummer). Nach dem sogenannten Frühsport wurden wir täglich im Polizeiauto zur Prinz-Albrecht-Strasse zur Vernehmung transportiert. Hier vollzog sich die Prügelei von neuem. Sie wollten doch durch uns den Beweis haben, um eine Lücke zum illegalen Zentralkomitee zu schliessen; es gelang ihnen nicht; denn es fehlten Beweise.

[…]

An Wochenenden wurden wir mit der Reinigung des Gefängnisses beauftragt; es gab aber mehr Hiebe als Reinigung! Zum Baden oder Duschen gingen wir prinzipiell nur über die eiskalten Fliesen hin und zurück. Die Rückkehr nach den Vernehmungen war immer furchtbar. Man wurde gefragt, ob man bei der Vernehmung geprügelt wurde? Bejahte man die Frage, gab es erneut Prügel, weil man ja nicht sagen durfte, dass die Gestapo prügelt. Erklärte man, es wurde nicht geprügelt während der Vernehmung, gab es sogenannte „Nachhilfestunden“. Auf jeden Fall wurde geschlagen! Am schlimmsten benahmen sich die betrunkenen SS-Wachleute. Sie waren unberechenbar!

Für einige Zeit erhielt ich den Auftrag, mit einem Rasier-Apparat und nur einer Klinge unsere Genossen zu rasieren. Dadurch konnte ich durch den Genossen Willy Kling zur Nachrichten-Übermittlung eingesetzt werden.  Im April 1934 endete meine Inhaftierung im Columbia-Haus, mir wurde gesagt, ich käme nach Moabit oder nach Leipzig, und dann erfolgte doch die Entlassung mit der Massgabe, mich für den Prozess bereitzuhalten.

Bericht von Werner Schwarz vom 27. Juli 1977 [Auszüge], unveröffentlicht

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